Handwerkersuche
Handwerkersuche

Deutsches Bauvolumen profitiert in den nächsten Jahren von anziehender Wohnungsbaunachfrage

Ausgewählte Ergebnisse der Langfristprognose „ifo Bauvorausschätzung Deutschland. 2010 - 2015/2020“
Erich Gluch und Ludwig Dorffmeister, ifo-Institut

Wohnungsbau erholt sich spürbar

Der Wohnungsneubau befindet sich am Beginn einer neuen Aufwärts-entwicklung. Noch relativ niedrige Hypothekenzinsen, Inflationsängste und positive Erwartungen zu ihrer zukünftigen Einkommenssituation veranlassen derzeit zahlreiche Haushalte zum Bau oder Erwerb von Wohneigentum. 2010 dürfte die Zahl der Wohnungsfertigstellungen in neuen Wohngebäuden deshalb auf rund 155 000 Einheiten zugelegt haben, nachdem 2009 ein historischer Tiefstwert (knapp 137 000 Wohnungen) erreicht worden war. In den Jahren 2007 bis 2009 konnte lediglich der ostdeutsche Geschosswohnungsbau – entgegen dem allgemeinen Abwärtstrend – positive Wachstumsraten aufweisen. Das Neubauniveau ist derzeit aber immer noch äußerst niedrig. Dies zeigt etwa ein Vergleich mit dem Jahr 2000. Damals wurden – mit insgesamt fast 370 000 Fertigstellungen – mehr als doppelt so viele Wohnungen neu errichtet (vgl. Abb.1).

Bei den Wohnungsgenehmigungen zeichnet sich seit Mitte 2009 eine Belebung ab. Dies gilt sowohl für Wohnungen in Ein- und Zweifamilien-gebäuden als auch in Mehrfamilienhäusern. Nach den Ergebnissen der ifo Architektenumfrage sollten sich die Genehmigungen in der nächsten Zeit weiter erhöhen, denn das Volumen der bei den teil-nehmenden Architekturbüros eingegangenen Planungsaufträge für neue Ein- und Zweifamiliengebäude wächst seit Ende 2007 kontinuierlich. In Hinblick auf den Mehrfamilienhausbau deuten die Umfrageergebnisse eine deutlich weniger starke Aufwärtsentwicklung an.

Extrem günstiges Geschäftsklima

Die im Rahmen des ifo Konjunkturtests befragten Wohnungsbaufirmen des Bauhauptgewerbes beurteilen ihre aktuelle Lage derzeit so günstig wie letztmals zu Beginn des Jahres 1995. Damals wurden mehr als eine halbe Million Wohnungen neu errichtet. Seitdem wurden die Kapazitäten allerdings erheblich zurückgefahren und die Zahl der Beschäftigten drastisch verringert. Hinzu kommt, dass etliche der teilnehmenden Firmen auch Ausbauarbeiten durchführen, also in dem Bereich tätig sind, der in den letzten Jahren stark von den Klimaschutzdiskussionen profitiert hat. Der gute Klimawert beruht zudem auf äußerst optimistischen Einschätz-ungen für die kommenden sechs Monate.

Langfristig wird die Neubaunachfrage insbesondere von der Bevölker-ungsentwicklung, der Inflation, den Preisen für Wohnimmobilien sowie von den Finanzierungskosten beeinflusst. Staatliche Fördermaßnahmen spielen so gut wie keine Rolle mehr. Die öffentliche Förderung wurde seit Mitte der 1990er Jahre drastisch reduziert und die Sparanstrengungen verhindern eine merkliche Ausweitung der staatlichen Hilfen.

Trotz schrumpfender Bevölkerung nimmt die Zahl der Haushalte immer noch leicht zu. Die Inflation in Deutschland dürfte aufgrund der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank sowie der Preisentwicklungen für Energie, Rohstoffe und Lebensmittel in den nächsten Jahren eher hoch bleiben. Im Gegensatz zum vergangenen Jahrzehnt wiesen die Preise für Wohnimmobilien 2010 eine sichtliche Aufwärtsdynamik auf. Daneben werden die anhaltend günstigen Finanzierungskonditionen die Neubaunachfrage „anheizen“.

Für den Wohnungsneubau ist überdies die langfristige gesamtwirt-schaftliche Entwicklung von übergeordneter Bedeutung. Dabei kommt es vor allem darauf an, wie stark die Beschäftigten bzw. die gesamte Bevölkerung an der zusätzlichen Wertschöpfung teilhaben. Zwischen 1970 und 1991 betrug das durchschnittliche reale Wachstum im Früheren Bundesgebiet gut 2 ½ % pro Jahr. Im Zeitraum 1992 bis 2010 kletterte das gesamtdeutsche Bruttoinlandsprodukt im Schnitt um jährlich rund
1 ½ %. Mittel- und langfristig ist von einem jährlichen Trendwachstum in der Größenordnung von 1 bis 1 ½ % auszugehen. In welchem Umfang wird dabei die „breite Masse“ an diesem Anstieg des Volkseinkommens partizipieren können?

Wieder höhere reale Einkommenszuwächse

Vergleicht man die durchschnittlichen, nominalen Bruttoverdienste (ohne Sonderzahlungen) mit der Entwicklung der Verbraucherpreise, so zeigt sich, dass die Beschäftigten vom kräftigen Aufschwung zwischen 2006 und 2008 kaum profitieren konnten (vgl. Abb. 2). In diesen drei Jahren wurden die Zuwächse bei den Einkommen von den hohen Preissteiger-ungen nahezu neutralisiert. Die hieraus abgeleitete Zunahme der Kaufkraft, die Steuern und Abgaben bewusst unberücksichtigt lässt, lag jeweils bei deutlich weniger als einem halben Prozentpunkt. 2009 kamen viele Beschäftigte in den Genuss bereits vereinbarter Lohnerhöhungen. Im Zusammenspiel mit der extrem niedrigen Inflation konnte dadurch der höchste Kaufkraftzuwachs seit 2003 erzielt werden. Auch 2010 blieb die Teuerung überschaubar. Gleichzeitig erholte sich die Wirtschaft so rasch, dass die Kurzarbeit erheblich reduziert und die Löhne zum Teil deutlich angehoben werden konnten. Die Kaufkraftzunahme fiel mit gut 1 ½ % fast doppelt so hoch aus wie 2009.

In den vergangenen zehn Jahren hat die Zurückhaltung der Arbeit-nehmerseite bei den Lohnverhandlungen insgesamt zu einer deutlichen Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Firmen geführt. Die realen Verdienstzuwächse lagen im Durchschnitt bei lediglich knapp 1 % pro Jahr. Auf der einen Seite profitierte hiervon die deutsche Wirtschaft, sodass die mittelfristigen Zukunftsaussichten als gut einzuschätzen sind. Auf der anderen Seite hatten die privaten Haushalte nur unwesentlich mehr Geld für Konsumzwecke zur Verfügung. Auch auf die Wohnungsnachfrage wirkte sich diese Entwicklung dämpfend aus. Angesichts der positiven wirtschaftlichen Zukunftsaussichten, des sich verknappenden Arbeitskräfteangebots sowie der parteiübergreifenden, politischen Forderung nach Lohnanpassungen sollten die Verdienste in den nächsten Jahren real wieder deutlich stärker steigen als in der Vergangenheit. Dies dürfte den Wohnungsneubau zusätzlich stimulieren.

Die Bestandsmaßnahmen werden auch weiterhin den Wohnungsbau dominieren. So erfordert der Wohnungsbestand von knapp 40 Mill. Einheiten mittlerweile immense Instandsetzungsarbeiten. Nahezu die Hälfte der Wohnungen stammt aus den drei Nachkriegsjahrzehnten, wobei dieser Anteil in Westdeutschland bei über 50% und in den neuen Bundesländern bei lediglich knapp 30 % liegt. Während eine Wohn-immobilie im Westen im Durchschnitt zwischen 45 und 50 Jahre alt ist, beträgt das durchschnittliche Alter im Osten mehr als 55 Jahre.

Fast vier Fünftel der Wohnungsbauleistungen flossen 2009 in den Gebäudebestand

Nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) stagnierte der Umfang der Bestandsmaßnahmen 2009 bei knapp 100 Mrd. Euro (in Preisen von 2000). Entsprechend den rückläufigen Fertigstellungszahlen ging das Neubauvolumen auf rund 27 ½ Mrd. Euro (in Preisen von 2000) zurück. Der Anteil der Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen machte somit nahezu 79 % aus.

Ein großer Teil der Leistungen im Gebäudebestand entfällt auf Maß-nahmen zur Senkung des Energieverbrauchs. Erheblich gestiegene Energiepreise haben sowohl bei Privateigentümern als auch bei Wohnungsunternehmen zu einem Umdenken geführt. Der Umstieg auf erneuerbare Energieträger und die Verbesserung der Energieeffizienz der Wohngebäude werden dabei unter anderem durch Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gefördert. Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht enorme Einsparungen im Gebäudebereich vor. Deshalb soll die Sanierungsrate „von derzeit jährlich weniger als 1 % auf 2 % des gesamten Gebäudebestands verdoppelt werden“. Allerdings ist die Datenlage über den energetischen Zustand des Wohngebäude-bestands – trotz einer Stichprobenerhebung durch das Statistische Bundesamt alle vier Jahre – äußerst dürftig.

Eine umfangreiche und detaillierte Abbildung der aktuellen Situation liefert die Studie „Datenbasis Gebäudebestand – Datenerhebung zur ener-getischen Qualität und zu den Modernisierungstrends im deutschen Wohngebäudebestand“. Erstellt wurde dieser Bericht durch das Institut Wohnen und Umwelt (IWU) in Zusammenarbeit mit dem Bremer Energie Institut (BEI), wobei die Durchführung der Eigentümerbefragung durch Schornsteinfeger erfolgte. Die erzielten Ergebnisse beruhen auf einer Stichprobenerhebung; insgesamt liegen auswertbare Datensätze für knapp 7 500 Wohngebäude vor. Die Ergebnisse spiegeln in etwa den Stand zum Jahresende 2009 wider und decken sich gut mit den Resultaten der Mikrozensus-Erhebungen des Statistischen Bundesamtes.

Die Studie beinhaltet statistische Informationen zum Wärmeschutz (Dämmung, Modernisierungsraten, Fenster), zu Heizungs- und Gebäude-technik (Heizkessel, Solaranlagen, Lüftungs- und Klimaanlagen usw.), zur Inanspruchnahme von Förderungen für Energieeinsparmaßnahmen sowie zum barrierefreien Bauen und Wohnen. Im Folgenden soll auf einzelne ausgewählte Ergebnisse eingegangen werden.

Drei Viertel aller Wohngebäude verfügen über spezielle Dämmung des Daches bzw. der Obergeschossdecke

In Bezug auf eine spezielle Wärmedämmung von Außenwänden, Dach/Obergeschossdecke sowie Fußboden/Kellerdecke schneiden Wohngebäude, die vor 1979 fertig gestellt wurden, erwartungsgemäß am schlechtesten ab (vgl. Tab. 1). Die Betrachtung aller Wohngebäude lässt erkennen, dass Dächer bzw. Obergeschossdecken am besten isoliert sind. Etwa 71 % der existierenden Flächen dieser Bauteile sind mit einer speziellen Wärmedämmung versehen. Hinsichtlich der Außenwände beträgt dieser Anteil lediglich rund 36%, für Fußböden bzw. Kellerdecken liegt er noch etwas niedriger.

Ein- und Zweifamiliengebäude weisen zumeist eine höhere Dämmungs-quote bzw. -grad auf als Mehrfamiliengebäude. Zu beachten ist auch, dass gut dämmende Mauersteine aus erhebungstechnischen Gründen hier nicht berücksichtigt werden konnten. Insbesondere die um die vorletzte Jahrhundertwende errichteten Wohngebäude weisen eine solch massive Bauweise auf. Der Nutzen aus einer zusätzlichen Dämmung würde hier in der Regel eher gering ausfallen.

Solaranlagen vorwiegend für Wärmeerzeugung genutzt

Neben umfangreichen Aussagen zum Wärmeschutz werden in der Studie auch Daten zur Heizung und Gebäudetechnik aufgezeigt. Zu den sehr zahlreichen Resultaten zählt unter anderem, dass Ende 2009 bereits mehr als 10 % der bestehenden Wohngebäude mit einer Solaranlage ausgestattet waren. Zum größten Teil sind solche Anlagen auf Ein- und Zweifamiliengebäuden installiert, wobei die solarthermischen Anlagen klar dominieren. Vor dem Hintergrund der aufgeheizten öffentlichen Diskussionen über die Absenkung der Einspeisevergütungen für selbst erzeugten Solarstrom hätte man eine größere Verbreitung der Photovoltaik vermuten können. Von den Wohngebäuden, die seit 2005 errichtet wurden, verfügen sogar knapp 30 % über Solarthermie und lediglich rund 3 ½ % über Photovoltaikanlagen.

Die Erhebung gibt auch Aufschluss über die Bedeutung der unterschied-lichen Förderungen von Sanierungsmaßnahmen. Für 20 % der Wohn-gebäude, die vor 2005 errichtet wurden und an denen seit 2005 Energieeinsparmaßnahmen durchgeführt worden sind, haben die Eigentümer hierfür Förderungen erhalten. Für fast 60 % dieser Gebäude wurden KfW-Mittel in Anspruch genommen, in 32 % der Fälle wurden Gelder aus dem Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien für Investitionen verwendet (vgl. Tab. 2). Knapp 12 % der geförderten Objekte profitierten von weiteren Förderprogrammen des Bundes. Betrachtet man Wohngebäude, an denen ausschließlich der Wärme-schutz (Dämmung, Fenstererneuerung) verbessert wurde, so zeigt sich eine noch dominierende Rolle der KfW-Programme.

Für die Errichtung von Neubauten (ab 2005) wurden dagegen in 40 % der Fälle Förderungen genutzt. In der Rangfolge der wichtigsten Förderpro-gramme für Energieeinsparmaßnahmen stehen wiederum die der KfW an der Spitze. Das Marktanreizprogramm für erneuerbare Energien hat jedoch für Neubauprojekte einen deutlich höheren Stellenwert als für Sanierungsvorhaben.

Wirtschaftsbau stabilisiert sich langfristig bei rund 76 Mrd. Euro

Auch in den nächsten Jahren dürften vonseiten der Unternehmen umfangreiche Baumaßnahmen erfolgen. Anders als im Zeitraum 1995 bis 2005, als die gewerblichen Bauleistungen erheblich schrumpften (-28 %) existieren gegenwärtig keine massiv dämpfenden Sondereffekte. Vielmehr sind derzeit die langfristigen wirtschaftlichen Aussichten ausgezeichnet. Deutsche Firmen werden weiterhin vom hohen Wachstum in den ehemaligen Schwellenländern profitieren. Zudem wird für die Zukunft wieder von einer dynamischeren Entwicklung des Binnen-konsums ausgegangen.

Zwischen 2005 und 2008 hat der Wirtschaftshochbau bereits um rund 10 Mrd. auf 55 Mrd. Euro (in Preisen von 2000) zugenommen (vgl. Abb. 3). Dies entspricht einem realen Anstieg um ca. 23 %. Großen Anteil hieran hatte der umfangreiche Neubau von Industrie, Handel- und Logistik-gebäuden. Die Wirtschaftskrise hat in vielen Fällen nur zu einem zeitlichen Aufschub der geplanten Bauvorhaben geführt. Die genehmigten Flächen nehmen – bezogen auf die veranschlagten Baukosten – zwar noch ab, bewegen sich aber immer noch auf einem deutlich höheren Niveau als 2006. Zudem berichten die Architekten seit Ende 2009 von einer merklichen Belebung ihrer Planungstätigkeit für gewerbliche Auftraggeber.

Anders als im Hochbau verlaufen die Bauaktivitäten im Tiefbau wesentlich stabiler. Der Wiedervereinigungsboom führte zu einem Anstieg des Bauvolumens auf gut 25 Mrd. Euro (in Preisen von 2000) im Jahr 1994. Der bisherige gesamtdeutsche Tiefstwert lag 2004 mit knapp 21 Mrd. Euro (in Preisen von 2000) „nur“ um 17 % darunter. Im Prognosezeitraum ist mit keinen großen Zuwächsen zu rechnen. Unabhängig von der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung dürften sich die Tiefbauleis-tungen in den nächsten zehn Jahren auf um einem Niveau von rund 22 ½ Mrd. Euro (in Preisen von 2000) bewegen.

Stabilisierend wirken sich dabei langfristig die Investitionen in die Netze zur Informationsübertragung sowie in Einrichtungen zur Erzeugung, Verteilung und Speicherung von Energie aus. Zu nennen ist beispiels-weise der Ausbau der Glasfasernetze oder die Ausweitung der Produktionskapazitäten erneuerbarer Energien.

Windenergie mit größtem Potential

Was die Stromproduktion betrifft, so leistet die Nutzung der Windenergie mit einem Anteil von insgesamt knapp 7 % den mit Abstand größten Beitrag der regenerativen Energien. Der durch den Wind erzeugte Strom entsteht jedoch so gut wie ausschließlich im Norden der Republik. Zur optimalen Nutzung der dort produzierten großen Strommengen ist es daher notwendig, entsprechende Leitungen für den Transport in südlichere Regionen vorzuhalten. Um dieses Problem zu lösen, hat der Bund bereits in der vergangenen Legislaturperiode das Energieleitungs-ausbaugesetz (EnLAG) verabschiedet, um die Planungs- und Genehmigungsverfahren für Leitungsbauvorhaben zu beschleunigen. Der Ausbau der Stromübertragungsnetze hinkt den Zielvorgaben allerdings weit hinterher. Die Deutsche Energieagentur (Dena) geht in ihrer aktuellen Netzstudie bis 2020 von einem Zusatzbedarf an Höchstspan-nungs-eitungen von mehreren tausend Kilometern aus. Unter anderem verzögern Bürgerinitiativen die Realisierung neuer Trassen mittlerweile so stark, dass die Bundesregierung eine Verlagerung der Planungs- und Genehmigungsverfahren von der Länder- auf die Bundesebene anstrebt.

Die zunehmende Dezentralisierung und die stark schwankende Strom-erzeugung der erneuerbaren Energien wie Windkraft oder Photovoltaik erfordern neben der Anpassung der bestehenden Übertragungsnetze idealerweise auch umfangreichere Speicherkapazitäten als derzeit zur Verfügung stehen. So ist beispielsweise Ende 2009 von den Nordsee-anrainerstaaten sowie von Schweden und Irland die Nordsee-Offshore-Initiative ins Leben gerufen worden. Diese sieht eine Stärkung der Versorgungssicherheit und eine bessere Integration der erneuerbaren Energien vor. Danach soll ein Teil des im Nordseeraum in Windparks erzeugten Stroms in windstarken Zeiten skandinavischen Pump-speicherkraftwerken zugeleitet werden, die wiederum in windschwachen Phasen Strom ins Netz zurückgeben würden.

Kommunale Finanzlage prägt öffentliche Bauleistungen

Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes entfallen auf den Bund nahezu ein Viertel der öffentlichen Baumaßnahmen. Weitere fast 20 % werden von den Bundesländern (einschließlich Stadtstaaten) in Auftrag gegeben. Mit knapp 60 % wird aber das Gros der öffentlichen Bauleis-tungen von Städten und Gemeinden initiiert. Dies bedeutet kurz gesagt: Geht es den Kommunen finanziell schlecht, so tendieren die öffentlichen Bauvolumina nach unten. Es sei denn, Bund und Länder geben ihnen zusätzliches Geld zum Investieren – so geschehen im Rahmen der Konjunkturpakete zur Stimulierung der gesamtwirtschaftlichen Ent-wicklung nach den dramatischen Einbrüchen im Gefolge der Finanzkrise. Aufgrund der mittlerweile beschlossenen Schuldenbremse dürfte die Bereitschaft zu einer „Investitionshilfe“ allerdings stark gesunken sein.

Im vergangenen Sommer führte das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) zum zweiten Mal eine Befragung von Städten und Gemeinden durch (KfW Kommunalpanel 2010). 53 % bezeichneten dabei ihre aktuelle Gesamt-finanzierungssituation als mangelhaft. Bei den befragten Städten zwischen 20 000 und 50 000 Einwohnern waren es 60% und bei den Städten mit mehr als 50 000 Einwohnern sogar 74 %. Ungefähr jede zehnte Kommune berichtete von einem gravierenden, 40 % von einem nennenswerten Investitionsrückstand. Überdurchschnittlich angespannt ist die Situation im Bereich Straßen und Verkehrsinfrastruktur. Darüber hinaus sehen die Umfrageteilnehmer größeren Nachholbedarf bei Kinderbetreuung und Schulen, der Wasserver- und -entsorgung sowie hinsichtlich öffentlicher Verwaltungsgebäude.

Ein Teil der Bauinvestitionen konnte von den Kommunen bereits 2009 und 2010 – bei einer deutlichen Verschlechterung ihrer finanziellen Lage – nur unter Inkaufnahme einer weiter anwachsenden Verschuldung getätigt werden. Der Schuldenstand der Gemeinden und Gemeinde-verbände dürfte sich allein in diesen beiden Jahren um rund 10 ½ Mrd. Euro auf 119 ½ Mrd. Euro erhöht haben, nachdem dieser in den Jahren 2006 bis 2008 noch leicht zurückgeführt werden konnte. Dieser Anstieg dürfte so gut wie ausschließlich über eine Aufstockung der Kassenkredite erfolgt sein.

Der Bestand an Kassenkrediten bzw. Krediten zur Liquiditätssicherung dürfte 2010 rund 40 Mrd. Euro erreicht haben (2008: 29,86 Mrd. Euro) und damit mittlerweile rund der Hälfte des Bestandes an Investitions-krediten entsprechen. Die aktuell gute Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland könnte allerdings – entgegen den sehr zurückhaltenden Einschätzungen in der Befragung vom Sommer – die von den meisten Kommunen so pessimistisch eingeschätzte Entwicklung in 2011 und 2012 etwas bremsen. So konnte beispielsweise auch der Arbeitskreis Steuerschätzung im November 2010 seine im Mai 2010 vorgelegte Prognose deutlich nach oben korrigieren. Die Experten erwarteten nunmehr Steuereinnahmen der Gemeinden in Höhe von 72,3 bzw. 77,1 Mrd. Euro in 2011 bzw. 2012. Ein halbes Jahr zuvor lagen die Schätzwerte noch jeweils rund 5 Mrd. Euro niedriger.

Finanzlage der Kommunen weiterhin sehr angespannt

Dennoch dürfte sich der Finanzierungssaldo der Gemeinden und Gemeindeverbände zumindest 2011 noch nicht wesentlich verbessern. Die Haushaltssituation der Städte und Gemeinden wird nach Ein-schätzung des Deutschen Städtetages im laufenden Jahr „sehr ernst“ bleiben. Nach Informationen des Statistischen Bundesamtes haben die Ausgaben der Kommunen in 2010 die Einnahmen um 7,7 Mrd. Euro übertroffen. 2009 betrug das Defizit 7,18 Mrd. Euro.

Die große Finanznot zwingt viele Städte und Gemeinden zu verstärkten Spar-bemühungen. Viele haben daher umfangreiche Spar- und Haushaltssicherungskonzepte beschlossen. Dabei geht es u.a. um folgende Sparmaßnahmen:

- Reduzierung des Personals oder Streichung von Leistungsprämien,
- Optimierung von Verwaltungsvorgängen,
- Verstärkung der interkommunalen Zusammenarbeit, z.B. durch die
  Zusammenlegung von Behörden,
- Erhöhung der Hunde- und Vergnügungssteuer sowie der Hebesätze zur
  Grund- und Gewerbesteuer,
- Heraufsetzung von Gebühren, z.B. für Kitas, Bibliotheken, Friedhöfe
  oder Krematorien,
- Kürzung von Zuschüssen an Vereine und Projekte,
- Einführung einer Zweitwohnsteuer.

Verschiebung dringend erforderlicher Baumaßnahmen

Besonders kritisch ist, dass etliche Städte und Gemeinden auch eigentlich dringend notwendige Baumaßnahmen – insbesondere im Bereich des Unterhalts ihrer Straßen – kürzen bzw. strecken müssen, da sie diese aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht mehr realisieren können bzw. dürfen.

Kritiker der aktuellen kommunalen Investitionspolitik weisen darauf hin, dass die Gemeinden häufig eine Mitschuld an der eigenen Finanzmisere und dem hohen Investitionsrückstand tragen. Sie argumentieren, dass die vermeintlich kostengünstigere Alternative des Reparierens und Instand-setzens den Kommunen auf lange Sicht deutlich teurer kommt als das konsequente Angehen umfangreicher Sanierungsmaßnahmen. Beispielsweise werden jedes Frühjahr die am Straßennetz entstandenen Frostschäden meist nur notdürftig behoben. Der Bund stellt den Kommunen hierfür immer mehr Mittel zur Verfügung. Der nächste Winter verschlechtert den Zustand der Straßen in der Regel jedoch weiter. Die Aufwendungen für die Reparaturen bleiben insgesamt also ohne große Wirkung.

Derzeit kann der Bund etwa über viermal so hohe Steuereinnahmen verfügen wie alle Kommunen zusammen. Für die Bundesländer (einschließlich Stadtstaaten) beträgt der Faktor ungefähr drei. Diese Gebietskörperschaften können sich demnach auch höhere Schuldenberge leisten. Allerdings war die Pro-Kopf-Verschuldung des Bundes zum Jahresende 2009 bereits ca. 8 ½-mal und die der Länder etwa 4 ½-mal so hoch wie die der Gemeinden. Die Situation ist demnach nicht nur für die Kommunen alles andere als erfreulich. Auch wenn hinsichtlich der öffentlichen Infrastrukturnetze enorme Investitionsbedarfe bestehen, so ist deshalb – unter „normalen“ Bedingungen – langfristig nicht von einer spürbaren Belebung der Bauausgaben auszugehen. Im Hochbau werden sich die Ausgaben, nach Ablauf der letzten, durch die Konjunkturprogramme finanzierten Arbeiten, in den nächsten Jahren auf einem deutlich niedrigeren Niveau als 2010 einpendeln: ca. 14 ½ Mrd. Euro (in Preisen von 2000). Der öffentliche Tiefbau dürfte bis 2020 einen jährlichen Umfang von gut 20 Mrd. Euro (in Preisen von 2000) aufweisen (vgl. Abb. 4).

In Ostdeutschland Fokussierung auf den Nichtwohnbau

Für Ostdeutschland ist dabei eine besondere Entwicklung zu erwarten. Ein Vergleich mit der westdeutschen Bautätigkeit zeigt, dass im Osten pro Einwohner noch immer erheblich höhere Bauausgaben getätigt werden. Im öffentlichen Tiefbau lagen die pro Kopf-Investitionen im Jahr 2009 noch um fast 60 % über denen im Westen (vgl. Abb. 5). Im öffentlichen Hochbau machten die einwohnerbezogenen Mehrausgaben über 40 % des westdeutschen Wertes aus. Langfristig ist mit einer stärkeren Annäherung zwischen Ost- und Westdeutschland zu rechnen. Auch wenn es – etwa aufgrund der geringeren Besiedelungsdichte im Osten – nicht zu einer vollständigen Angleichung kommen dürfte, so wird sich diese Entwicklung bis 2020 doch dämpfend auf die öffentlichen Bauausgaben in Ostdeutschland auswirken. Werden im Westen die Bauaktivitäten nicht entsprechend ausgeweitet – und dies ist eher nicht zu erwarten – so hat dies negative Auswirkungen auf die langfristige Entwicklung des gesamtdeutschen öffentlichen Bauvolumens.

Während die Investitionsquoten je Einwohner im öffentlichen sowie im gewerblichen Bau im Osten immer noch deutlich über den westdeutschen liegen, ist die Situation im Wohnungsbau völlig konträr hierzu. So werden im Durchschnitt der westdeutschen Bundesländer bereits seit einigen Jahren rund 50 % höhere Wohnungsbauleistungen pro Einwohner erbracht als in Ostdeutschland.

Der Wohnungsbau dürfte im Prognosehorizont bis 2020 jährlich um durchschnittlich knapp 1 % zulegen und damit auf lange Frist die Wachstumslokomotive des Bausektors darstellen. Insgesamt wird das Bauvolumen in den Jahren 2011 bis 2020 aber lediglich um etwa 4 % zunehmen. Ein Grund dafür ist die verhaltene Entwicklung im Wirtschaftsbau. Hier ist nur ein bescheidener Zuwachs zu erwarten. So befindet sich das Investitionsvolumen aktuell bereits auf einem relativ hohen Niveau. Dämpfend wird sich die Investitionszurückhaltung im öffentlichen Bau auswirken. Die Investitionen dürften in dieser Sparte im Durchschnitt der nächsten 10 Jahre um knapp 1 % p.a. abnehmen.

Zusammenfassung der Prognoseergebnisse

Die Bautätigkeit wird in Deutschland in den Jahren 2011 bis 2020 voraussicht-lich nur moderat zunehmen. 2020 dürfte das Bauvolumen einen Umfang von rund 254 Mrd. Euro (in Preisen von 2000) erreichen. Die erbrachten Bau-leistungen werden dann um rund 10 Mrd. Euro über dem Wert des Jahres 2010 liegen. Für den betrachteten 10-Jahres-Zeitraum ergibt sich damit ein durchschnittliches jährliches Wachstum von lediglich knapp ½ %.

Hauptgrund für die prognostizierte Ausweitung der Bauaktivitäten ist die Ent-wicklung im Wohnungsbau. In dieser Teilsparte dürfte sich das Bauvolumen in den nächsten 10 Jahren um durchschnittlich knapp 1 % p.a. erhöhen. Neben weiterhin umfangreichen Maßnahmen im Wohngebäudebestand, wird es zu einer nachhaltigen Belebung des Neubaus kommen. Entsprechend den Vorhersagen dürften 2013 wieder mehr als 200 000 Neubauwohnungen errichtet werden; noch im Jahr 2009 war die Fertigstellungszahl auf den historischen Tiefstwert von 136 500 Einheiten gesunken. Nach etlichen Jahren, die von einer schrumpfenden Neubautätigkeit geprägt waren, sind die Vorzeichen für eine dauerhafte Aufwärtsentwicklung nun klar positiv.

Die gewerblichen Bauausgaben dürften im Prognosezeitraum hoch bleiben, aber nicht wesentlich zunehmen. Die wirtschaftlichen Perspektiven und der notwendige Umbau der energetischen Infrastruktur machen eine deutliche Einschränkung der Bauleistungen in den kommenden Jahren mehr als un-wahrscheinlich. Insgesamt dürfte sich der gewerbliche Hochbau etwas besser entwickeln als der Tiefbau. Für 2020 wird mit einem Investitionsvolumen von rund 76 ½ Mrd. Euro (in Preisen von 2000) gerechnet. Dieser Wert liegt merklich über dem Niveau des Jahres 2005 (66 Mrd. Euro, in Preisen von 2000), in welchem die seit der Wiedervereinigung geringste gewerbliche Bautätigkeit zu verzeichnen war.

Der Umfang der Bauvorhaben, die von der öffentlichen Hand in Auftrag ge-geben werden, dürfte zwischen 2010 und 2020 von 38 ½ Mrd. Euro auf unter 35 Mrd. Euro (jeweils in Preisen von 2000) sinken. Trotz anhaltend hohem Sanierungsbedarf – etwa im Verkehrsinfrastruktur-bereich – wird die Höhe der Bauausgaben auch in Zukunft maßgeblich von der öffentlichen Kassenlage abhängen. Zwar werden 2011 noch etliche Projekte aus den „Konjunktur-programmen“ zu Ende geführt. Schon jetzt stehen die Zeichen jedoch auf nachhaltiger Haushalts-konsolidierung. Die für die nächsten Jahre erwarteten merklichen Steuerzuwächse dürften daran nur wenig ändern.

Literatur:
Gluch, E. und L. Dorffmeister (2010), „ifo Bauvorausschätzung Deutschland. 2010 - 2015/2020“, ifo Institut, München.

 

BAUINNUNG AUGSBURG
ELIAS HOLL

Stätzlinger Straße 111
86165 Augsburg

Telefon 0821 346 94 0
Telefax 0821 346 94 30
info@bauinnung-augsburg.de

Ausbildungszentrum der
Bauinnung Augsburg Elias-Holl

Stätzlinger Straße 111
86165 Augsburg

Telefon 0821 346 94 90
Telefax 0821 346 94 94
info@abz-augsburg.de